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Der Mann, der alles möglich macht

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In der gehobenen Hotellerie ist der Concierge ein Aushängeschild des Unternehmens. Er erfüllt Besucherwünsche möglichst schon lange, bevor sie überhaupt ausgesprochen werden. Um kurz vor elf Uhr ist der Eingangsbereich im Hotel Belveder bis auf die Empfangsmitarbeiter verwaist. Im Speisesaal des zwischen Scharbeutz und Timmendorfer Strand gelegenen Hotels nimmt ein älterer Herr sein Frühstück zu sich. Durch das große Panoramafenster sind die Ostsee und davor Dünengräser zu sehen, die sich sanft im Wind wiegen.

Für Gunnar Joswig ist das die Ruhe vor dem Besucheransturm. Der Concierge ist elegant gekleidet, eine schlanke Erscheinung. Er sitzt an seinem massiven Holzschreibtisch direkt neben dem Rezeptionstresen und schaut auf das Buchungsprogramm seines Laptops.

Die ersten Urlauber an diesem Tag sind per Zug angereist. Sie werden im hauseigenen Guest-Shuttle vorgefahren, dessen Türen Joswig öffnet. Ein leger gekleidetes Paar Mitte dreißig steigt aus der schwarzen BMW-Limousine. In urlaubsbedingter Abwesenheit des Wagenmeisters entlädt der Concierge die Koffer und Reisetaschen, packt sie in einen Gepäckwagen mit vergoldetem Gestell und führt die beiden Gäste anschließend durchs Hotel.

Der Mann, der alles möglich machtAuch nach dem Einchecken bleibt der Joswig erster Ansprechpartner für die Gäste. Er organisiert Babysitter und Blumensträuße, gibt Ausflugstipps oder stellt Geschäftsleuten die Räumlichkeiten des benachbarten Restaurants Sol y Mar für Vorträge zur Verfügung.

Mitunter fährt er schon mal nach Hamburg, um Spezial-Goldfischfutter für einen Gast zu kaufen, der samt Aquarium und seinem schuppigen Liebling angereist war.
„Den zeitlichen oder wirtschaftlichen Aufwand sollte der Gast dabei nie zu spüren kriegen“, sagt Gunnar Joswig. Seine Stimme ist eher leise. Der 32-Jährige artikuliert sich gewählt. Er hat gelernt, auch kuriose Anfragen höflich und ohne Herablassung zu beantworten. Einmal wurde er von einem potenziellen Besucher telefonisch gebeten, eine Wattwanderung zu buchen. Als der Concierge ihm erklärte, dass dies in Ermangelung von Ebbe und Flut nicht möglich sei, fragte der Anrufer: „Was soll ich denn dann an der Ostsee?“

Diskretion und Aufmerksamkeit sind Joswigs Kerngeschäft. „Er ist sensationell im Umgang mit Gästen — und dabei verschwiegen wie ein Grab“, lobt Hoteldirektor Moritz Schmid-Burgk. „Das wird uns immer wieder per Mail oder in Hotelbewertungsportalen bestätigt.“ Der Concierge erklärt derweil einer Dame in schwarzem Pelz die Shoppingmöglichkeiten rund ums Hotel. „Herr Joswig ist bestimmt schon genervt von mir, weil ich ihn so oft etwas frage“, sagt die Frau in den besten Jahren augenzwinkernd: „Aber egal in welchem Hotel ich bin, ist der Concierge meistens meine Vertrauensperson. Er sorgt dafür, dass ich mich wohlfühle. Ob er nun den Wagen vorfährt oder mir Tipps gibt, wo ich was finde.“ Dann wird ihr Mann ungeduldig und die beiden verlassen das Hotel in Richtung Strandpromenade. Seinen Gästen jeden erdenklichen Wunsch zu ermöglichen — das kann sehr weit gehen. Der Concierge des Bayrischen Hofs sei es gewesen, der nach der Währungsumstellung von 1948 als erster die neuen Scheine und Münzen in Händen hielt, erzählt der Hoteldirektor Schmid-Burgk.

Gunnar Joswig organisierte jüngst kurzerhand zwei Karten für eine ausverkaufte Vorstellung des Musicals König. Ein Anruf bei einem bekannten Kollegen aus Hamburg machte es möglich. „Man braucht eine gute Vernetzung in diesem Beruf“, und grüßt eine jungen Dame, die sich in den Spa-Bereich des Hotels begibt. Kontakte waren es auch, die den gelernten Handelsfachwirt vor zwei Jahren in den Job brachten. Der Quereinsteiger ist mit der stellvertretenden Hausdame verheiratet.

Concierge kein Ausbildungsberuf ist. Vielfach wird diese Tätigkeit nach einer Ausbildung im Hotelgewerbe begonnen. Als höchste Auszeichnung gilt dabei die Aufnahme in den internationalen Berufsverband der Hotel-Concierges, deren Erkennungszeichen zwei vergoldete, übereinander gekreuzte Schlüssel am Revers sind. Für Joswig stellt sich die Frage nach einer Aufnahme derzeit jedoch nicht. „Man muss mindestens fünf Jahre Dienst in einem Luxushotel nachweisen und eine Empfehlung von arrivierten Mitgliedern haben“, so der gebürtige Lübecker.

Ein Paket kommt an der Rezeption an. Eine Empfangsmitarbeiterin fragt: „Sind die Rosenblätter fürs Restaurant oder das Zimmer?“ „Früher hatte nahezu jedes Wellnesshotel, das etwas auf sich hält, einen Concierge. Einige Häuser rationalisieren diesen Kostenfaktor nach und nach weg oder wickeln Tätigkeiten über die Rezeption ab“, erklärt Hoteldirektor Moritz Schmid- Burgk. „Einen Concierge zu beschäftigen, ist aber ein wesentliches Kriterium eines Fünf-Sterne- Hauses.“ Vor rund anderthalb Jahren stieg das Gran Belveder in die Spitzenklasse auf. Nach der Prüfung durch den Deutschen Hotel- und Gaststättenverband darf es sich sogar mit dem Etikett „5-Stern-Superior“ schmücken. Superior steht dabei für ein deutliches Mehr an Service — laut dem Direktor eine Auszeichnung, die für ihn und das gesamte Hotelpersonal vom Azubi über das Zimmermädchen bis hin zum Concierge Lob und zugleich Ansporn ist, das Erreichte zu bestätigen.

„Für das Zimmer“, antwortet Gunnar Joswig ohne zu zögern. Ein guter Concierge hat die Vorlieben seiner Gäste stets „auf dem Schirm“, seien es romantische — oder kulinarische: Als nächstes bucht Joswig für einen Stammgast einen Tisch im hauseigenen Sterne-Restaurant und gibt dem Küchenchef Tipps für einen Menüvorschlag passend zum gebuchten Wellness Wochenende.

Abends, gegen 18.30 Uhr, endet der Arbeitstag für Gunnar Joswig. Er hat Gästen mit ihrem Gepäck geholfen, Autos eingeparkt, Tischreservierungen vorgenommen und diverse Auskünfte erteilt — eher unspektakuläre Tätigkeiten, die den Wert seiner Arbeit nur auf den zweiten Blick erkennen und sich nicht an Zahlen ablesen lassen. In Zeiten, in denen sich Nobel-Unterkünfte in puncto Luxus und Ausstattung nur noch wenig voneinander unterscheiden, sorgt eben vor allem die persönliche Betreuung für Gästebindung. Der Concierge als „Aushängeschild“ des Hotels und Speerspitze des Service Personals nimmt dabei eine Schlüsselposition ein. Das fängt beim Empfang an und endet bei der Abreise.

Spielt das Wort „Nein“ im umfangreichen Sprachschatz Gunnar Joswigs auch eher eine untergeordnete Rolle, so muss der 32-Jährige gegen Ende des Gesprächs zugeben, dass es gelegentlich doch Wünsche gibt, die selbst er nicht erfüllen kann. Da war der Geschäftsmann, der wegen des dürftigen Handy-Empfangs an der Ostsee fragte, ob man nicht überall im Hotel signalverstärkende Repeater anbringen könnte. „Das musste ich leider ablehnen. Unsere Hauptzielgruppe sind halt Touristen. Viele freuen sich, abschalten zu können und das Handy einfach mal auszulassen“, sagt der Mann, der fast alles möglich macht. Und verabschiedet sich mit Händedruck — und einem gewinnenden Lächeln.

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